Zugangsregulierung bei Marktbeherrschung bleibt unverzichtbar

Zugangsregulierung bei Marktbeherrschung bleibt unverzichtbar

Deutschland wird Glasfaserland: Auch Bundeskartellamt hält Zugangsregulierung und erhebliche wettbewerbsschützende Auflagen bei Marktbeherrschung für unverzichtbar

Feiern wir mit dem Beginn der Glasfaser-Ära das Ende des Marktmonopols, das die Telekom bis heute auf den Kupfernetzen besitzt? Können wir in den nächsten Jahren auf die Marktkontrolle durch Regulierer verzichten, und nähert sich der TK-Markt damit den Wettbewerbsbedingungen anderer Märkte an?

Mit dem Technologiewechsel von Kupfer auf Glasfaser steht die Marktregulierung im Telekommunikationssektor an einem Scheideweg – daran besteht kein Zweifel. Alle Beteiligten denken aktuell mehr oder weniger laut über neue Wege nach und fordern diese vom Gesetzgeber, der BNetzA und zuletzt ganz aktuell vom Bundeskartellamt ein. Das Kupfermonopol der Telekom weicht einer stetig wachsenden Glasfaserinfrastruktur, die bislang allerdings in wesentlichen Teilen durch alternative Investoren errichtet wird.

Die Telekom sieht in diesen wechselnden Vorzeichen im Markt eine Chance auf einen Befreiungsschlag und reklamiert – einmal mehr – zukünftige Regulierungsfreistellung für sich – wie schon bei der Einführung von VDSL im Jahr 2006 („§ 9a TKG“).

Genau dem hat das Bundeskartellamt nun einen Riegel vorgeschoben. Unabhängig von der noch ausstehenden Frage der sektorspezifischen Regulierung hält es wettbewerbssichernde Vorgaben für zwingend erforderlich, da „ansonsten ehebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb“ (Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes) drohen.

Sogar für den Fall von politisch durchaus gewünschten Kooperationen und Ko-Investitionen, die nach Meinung von Brüssel unter bestimmten Umständen mit Regulierungserleichterungen für das marktmächtige Unternehmen verbunden sein sollen, hat das Bundeskartellamt nicht einfach die Ampeln – wie von manchem erwartet – auf Grün gestellt. Vielmehr wurden nach ausgiebiger Prüfung eigene Vorgaben gemacht, die für die weitere Diskussion höchst relevant sein dürften.

So könne in Zukunft u. a. nur dann Wettbewerb hinreichend gesichert werden, wenn dritten Unternehmen diskriminierungsfrei Zugang zu dem neuen Netz und zu Vorleistungsprodukten gewährt und der Markteintritt weiterer Anbieter über ein bestimmtes Kontingent sichergestellt wird. Dabei hat das Bundeskartellamt bezüglich der Diskriminierungsfreiheit einen so hohen Grad an Gleichbehandlung zwischen der neu gegründeten Telekom-Koinvest-Gesellschaft und ihren Wettbewerbern erwirkt, wie er seit Jahren schon vom VATM gefordert, aber bislang von Seiten des Regulierers in dessen Entscheidungen gegenüber der Telekom stets verweigert wurde. Zudem hat die Wettbewerbsbehörde völlig neue Regelungen gegen einen strategischen Überbau veranlasst. Das Bundeskartellamt will zudem mit einem marktüblichen Zugang ganz pragmatisch sicherstellen, dass die Ausbaugesellschaft ein signifikantes Kontingent der Anschlüsse tatsächlich vermarktet und damit überteuerte Scheinangebote verhindert werden.

Damit stehen nun Auflagen gegenüber einem marktbeherrschenden Unternehmen im Raum, die nicht einmal der Regulierer selbst bislang auferlegen konnte oder wollte.

Für den zukünftigen Glasfaserausbau der Telekom wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die Telekom ein massives Interesse daran hat, ihre kupfernetzbasierten Wettbewerbsvorteile von mehr als 20 Millionen DSL-Kunden (direkt + Resale) zukünftig durch den Ausbau eines eigenen Glasfasernetzes abzusichern und sozusagen zu migrieren.

Die logische und absehbare Übertragung von Marktmacht aus der alten Kupferwelt erfordert daher auch zukünftig einen äußerst wachsamen Regulierer. Die Kontrolle über den Markt aufzugeben, ist damit keine Option.

Der Weg für vertragliche Lösungen, die fairen, diskriminierungsfreien Zugang gewähren, steht nun weit offen. Wildwest wird es und darf es nach der Entscheidung des BKartA aber nicht geben. Herausgekommen ist nun als quasi Mindestanforderung zur Sicherung von Wettbewerb ein interessantes Kompendium, das weit über eine reine passive Missbrauchskontrolle oder gar Regulierungsfreistellung hinausgeht. Und das wichtigste daran: Die Telekom hat die wettbewerbssichernden Regelungen selbst mit vorgeschlagen und sieht sie nicht als investitionshemmend an.

Der Regulierer muss nun dafür sorgen, dass eine effiziente Missbrauchskontrolle für den Fall greift, dass die vereinbarten Spielregeln nicht eingehalten werden. Damit zeichnen sich sinnvolle Lösungen für den ganzen Markt und alle Investoren ab, die ausreichend investitionsfördernde Impulse setzen, aber den Wettbewerb für Bürger und Unternehmen sicherstellen.

Es liegt jetzt an Gesetzgeber und BNetzA die TK-Regulierung evolutionär weiterzuentwickeln, damit die sich wandelnden Anforderungen des Marktes abgebildet werden. Dazu zählen schlankere und schnellere Verfahren und Spielräume für kommerzielle Vereinbarungen – kein Ding der Unmöglichkeit und bereits im Fokus der aktuell laufenden TKG-Novelle. Ein klarer Regulierungsrahmen, der bei Bedarf effizient schützt, bietet dem Markt enorme Chancen und stellt keine Bremse für Innovation und Investitionen dar.