Telekom-Q3-Ergebnisse: Bedeutung für den Breitbandmarkt

Telekom-Q3-Ergebnisse: Bedeutung für den Breitbandmarkt

Baut die Telekom das Glasfasernetz an den Kunden vorbei? Was bedeuten die jüngst vorgestellten Quartalszahlen für die Glasfaserausbauziele 2030? TK-Experte Andreas Walter ordnet die Zahlen entsprechend der aktuellen TK-Marktsituation in einem interessanten Gastbeitrag im Teltarif ein.

Telekom-Q3-Ergebnisse: Bedeutung für den Breitbandmarkt

Die acht Highlights der Pressemitteilung der Deutschen Telekom AG (DTAG) zu den Ergebnissen des dritten Quartals 2023 legen den Fokus auf die Entwicklung des Gesamtkonzerns, die Attraktivität der T-Aktie und positive Entwicklungen in Auslandsmärkten. Doch auch der deutsche Markt wird mit einem „starken Kundenplus bei Mobilfunk und Breitband“ erwähnt. Doch bringt diese Entwicklung uns wirklich in Richtung Gigabit?

Bei den echten Glasfaseranschlüssen Fiber-To-The-Home (FTTH), bei denen das Glasfaserkabel bis in die Wohnung des Kunden reicht, hat die DTAG im dritten Quartal 700 Tsd. neue Anschlüsse gemeldet und damit fast so viele wie in den beiden vorherigen Quartalen zusammen (800 Tsd.). Diese Anschlüsse sind jedoch größtenteils gar nicht fertig gebaut, sondern enden schon an der Grundstücksgrenze. Landläufig als „Homes passed“ bezeichnet, fehlt der kostenintensive Ausbau zum und im Haus komplett. Zahlen zu fertiggestellten Glasfaseranschlüssen („Homes Connected“) veröffentlicht der Konzern nicht.

Die Zahl neuer Kunden auf diesen 700 Tsd. gemeldeten Glasfaseranschlüssen hat im dritten Quartal lediglich um 77 Tsd. auf insgesamt 910 Tsd. zugenommen. Allerdings entspricht dies nur 11 Prozent der neu gebauten Anschlüsse – die wohl niedrigste Vermarktungsquote bislang – während sie bei den Wettbewerbern im Glasfaserausbau steigt und um den Faktor 2 bis 3 höher liegt. Natürlich wäre es der Telekom bei entsprechender Werbung leicht möglich, mindestens ähnlich hohe Vermarktungsquoten wie der übrige Gesamtmarkt zu erreichen. Was für den übrigen Markt überlebenswichtig ist, scheint der Telekom aber egal oder in Wahrheit sogar nachteilig zu sein. Genau darauf deutet auch die gemeldete Entwicklung der DSL- Anschlusszahlen hin.

Die wichtigere Säule im Breitbandgeschäft ist und bleibt für die DTAG nämlich der DSL-Markt – also die alten Kupferkabelanschlüsse mit der DSL-Technik. Im dritten Quartal sind netto 19 Tsd. DSL-Kunden hinzugekommen. Unter der Annahme, dass zum größten Teil die 77 Tsd. neuen FTTH-Kunden von Telekom-DSL migriert wurden, beträgt der DSL-Zuwachs sogar 96 Tsd. Kunden.

Aus Telekom-Sicht ist dieses Vorgehen verständlich: Da das alte Kupfernetz längst abgeschrieben ist und somit keine Abschreibungen als Kosten anfallen, ist die Profitabilität eines DSL-Kunden viel größer im Vergleich zu einem Glasfaserkunden. Bei einem FTTH-Kunden hingegen schmälern hohe Abschreibungen für den Bau der neuen Glasfaseranschlussleitungen die Profitabilität des Kunden.

Andreas Walter ist geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsinstituts DIALOG CONSULT GmbH. Er besitzt über 25-Jahre-Erfahrung mit Marktanalysen in Telekommunikations- und Medienmärkten. Außerdem besitzt er Lehraufträge an der Hamburg Media School und der Hochschule Rhein-Main

Ergänzend hierzu VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner: 

Offenbar aus Kostengründen hatte die Telekom unlängst sogar angekündigt, zukünftig anschlusswilligen Kunden diesen nicht wie bislang fertig auszubauen (Homes Connected) wenn nicht auch ein Glasfasernutzungsvertrag abgeschlossen wird (Homes Activated). Auch das ist ökonomisch verständlich, spart Geld, bedeutet aber auch, dass Digitalisierung aus Basis eines erst noch aufwändig zu errichtenden Glasfaseranschlusses massiv erschwert ist.

Höchste Rendite bei verteidigten DSL Kunden und begrenzte Möglichkeiten für wirklich flächendeckenden, enorm teuren Glasfaserausbau seitens des am höchsten verschuldeten  DAX Unternehmens, macht den strategischen Überbau – also das Handtuchwerfen auf andere Handtücher statt sich eine der vielen freien Liegen zu suchen, so attraktiv, ja geradezu zwingend für die Telekom. Damit – und im Regelfall schon durch die Androhung von Überbau, verhindert sie so gut als möglich das Investment Dritter in den Glasfaserausbau. Und natürlich reicht völlig im Zweifelsfall einen kleinen Teil des Ortes zu erschließen, denn der Rest muss sich ja wie gewünscht noch viele Jahre weiter mit Vectoring begnügen. Das haben die Bürgermeister in Deutschland längst begriffen und auch die Bundesregierung kennt das Kalkül der Telekom. Sie muss sich entscheiden, ob sie das unterstützt, was am besten für das Unternehmen ist, an dem sie noch massiv beteiligt ist, oder was gut für unser Land und unsere Bürger ist. Dabei ist die Entscheidung doch so einfach: sie kann beides haben wenn sie den Investitionswettbewerb und nicht den lächerlichen Handtuch- Infrastrukturwettbewerb unterstützt! Denn wenn die Wettbewerber der Telekom weiter schnell bauen können, muss die auch die Telekom. Lässt man sie beim Handtuchwerfen gewinnen, verlieren wir 50 Mrd. Euro, stecken weitere Milliarden Steuergelder der Bürger in die eigentlich unnötige Förderung und machen die Telekom reich – und verpassen sehenden Auges unsere Glasfaserausbauziele. Aufholen im Digitalisierungswettbewerb in Europa und der Welt geht anders!