Unsere Zukunft im Gespräch

Unsere Zukunft im Gespräch

Daten sind der Rohstoff der Zukunft: Vodafone forscht zu 5G und KI

Hochleistungsfähige digitale Infrastrukturen verändern industrielle Prozesse, Unternehmensstrukturen und ganze Branchen. Über die Möglichkeiten und Chancen des neuen Mobilfunkstandards 5G und Künstlicher Intelligenz (KI) sprach der VATM mit Michael Reinartz, Innovationschef bei Vodafone (Foto).

VATM: In der Nähe von Aachen betreibt Vodafone ein Forschungslab, das Mobility quasi neu erfindet. Das selbstfahrende Auto mit der Möglichkeit von holographischer Kommunikation erinnert ein wenig an Science-Fiction à la Star Wars. 5G-Technologie und KI scheinen hier zu verschmelzen. Was sind die Voraussetzungen, damit intelligente Technik in einem neuen Auto-Typ funktionieren kann?

Michael Reinartz: In unserem 5G Mobility Lab lernen Autos zu sprechen. Sie kommunizieren miteinander und mit anderen Verkehrsteilnehmern – mit Fußgängern und Radfahrern, aber auch mit Ampeln. Fahrzeuge lernen so Gefahren zu sehen, die für den Menschen noch gar nicht sichtbar sind. Unser Netz ist der Kommunikationskanal, um sämtliche Verkehrsinformationen auszutauschen. Schneller Mobilfunk – heute schon über LTE und künftig auch über 5G – ist also eine wichtige Technologie für das Auto der Zukunft. Übrigens nicht nur für die Warnung vor Gefahren, sondern auch zur Übertragung von Informationen. Interaktive und aktuelle Straßenkarten werden über schnelle Netze genauso ins Auto gebracht, wie Unterhaltungsangebote. Denn im selbstfahrenden Auto wird der Fahrersitz zum Fernsehsessel oder zum Bürostuhl. Aber wir werden das Auto niemals selbst bauen. Kameras, Sensoren, WLAN und andere Technologien müssen sich im Auto bestmöglich mit Mobilfunk ergänzen, um höchstmögliche Sicherheit zu gewähren. Und schließlich müssen die Informationen, die per Mobilfunk übertragen werden, von Sensoren und Kameras gesammelt werden. Intelligent werden die Fahrzeuge, wenn die eingehenden Informationen mit Analyse- und Fahrassistenzfunktionen im Fahrzeug verknüpft werden. Das Auto weiß dann, dass ein Fußgänger die Straße überquert und wie lange dieser dafür brauchen wird. Diese Datenanalyse kann in winzigen 5G-Rechenzentren stattfinden – direkt in der Nähe der Mobilfunkmasten. Basierend auf diesen Informationen kann das Fahrzeug die Geschwindigkeit reduzieren und einen Unfall oder eine Vollbremsung vermeiden.

VATM: Vodafone arbeitet eng mit der Automobilbranche, aber auch mit der Deutschen Bahn zusammen – gerade auch um die Sicherheit auf Straßen und Schienennetzen zu verbessern. Sprechen wir hier von Wunschträumen für die ferne Zukunft oder lassen sich diese dringenden Infrastruktur-Projekte zeitnah zum Nutzen der Wirtschaft und der Bürger einsetzen?

Reinartz: Die Technologie funktioniert bereits. Autos – und auch Züge – können Informationen per Mobilfunk nahezu in Echtzeit miteinander teilen. Im 5G Mobility Lab erproben wir bereits gemeinsam mit dem bekannten Automobilzulieferer Continental einen digitalen Schutzschild für Fußgänger und Radfahrer. In Düsseldorf testen wir beim Projekt KoMoD gemeinsam mit Ford einen digitalen Rettungsgassen-Assistenten. Autofahrer erhalten über diesen eine Warnung, wenn ein Rettungsfahrzeug auf dem Weg zum Unfallort ist und werden angeleitet, die Rettungsgasse richtig zu bilden. Im Sommer haben wir eine LTE-Offensive gestartet, damit das schnelle Netz schon bald an allen Autobahnen und ICE-Strecken funkt. Es geht jetzt vor allem darum, einheitliche Standards für diese neuen Technologien zu generieren und Mobilfunk mit anderen wichtigen Technologien im Auto in Einklang zu bringen. Vieles davon ist auch schon im Alltag angekommen. Rund 1.000 Automobil-Experten arbeiten bei Vodafone täglich an digitalen Innovationen für das Auto. In Varese in Italien entwickeln die Experten von Vodafone automotive Technologien für den Straßenverkehr der Zukunft. Darunter ein digitaler Diebstahlschutz, smarte Parksensoren oder Telematik-Lösungen. Mehr als 18 Millionen Fahrzeuge funken weltweit auf diese Weise bereits im Mobilfunknetz von Vodafone.

VATM: Ein weiteres Thema, das Sie intensiv begleiten, ist der Einsatz von KI in der Industrie. Wie können Unternehmen unterstützt werden, die Echtzeit-Kommunikation benötigen, um Prozess- und Logistikketten miteinander zu vernetzen?

Reinartz: Damit Maschinen, Roboter und Gegenstände in Industriehallen in Echtzeit miteinander sprechen, müssen Daten direkt da, wo sie entstehen, analysiert und verarbeitet werden. Kleine 5G-Rechenzentren an den Basisstationen in den Fabriken machen das möglich. Diese Kommunikation in Echtzeit ist vor allem in Produktionsketten wichtig, in denen viele Roboter gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten. In der Logistik geht es oft darum, Container, Paletten oder Pakete immer im Blick zu halten. Hier geht es weniger um die Datenübertragung in Echtzeit. Hier geht es darum, Gegenstände immer und überall kostengünstig im Blick zu behalten. Dafür ist das Maschinennetz (Narowband IoT) optimiert, das wir in diesem Jahr in rund 90 Prozent unseres LTE-Netzes aktiviert haben. Das ist eine erste 5G-Technologie – mit anderen technologischen Schwerpunkten.

VATM: KI revolutioniert auch den Handel. Vor wenigen Wochen haben Sie eine Kooperation mit der Metro-Gruppe vorgestellt. Worum geht es dabei? Wie profitieren Einzelhandel und letztlich der Verbraucher davon?

Reinartz: Der Handel erfindet sich neu. Wichtige Bestandteile sind hierbei das Internet der Dinge und die intelligente Verarbeitung von Daten. In Zukunft wird der Einkauf noch stärker personalisiert und zum Erlebnis. Mit der Metro schaffen wir im ersten Schritt vor allem die Infrastruktur für die digitale Revolution im Großhandel. Mit Glasfaser bis zum Regal. In Kürze wollen wir zudem gemeinsam den Einsatz von intelligenten Verkaufsregalen erproben. Kunden stehen dann nicht mehr vor leeren Regalen. Weil diese wissen, wenn ein Produkt nachgefüllt oder geliefert werden muss. Und das Regal versorgt Kunden mit sämtlichen Produkt- und für den Kunden relevanten Zusatzinformationen.