VATM-TeleTreff im BASECAMP Berlin: „Reizthema Vorratsdatenspeicherung – zwischen Verfassungswidrigkeit, Planungsunsicherheit & Sicherheitsbedürfnissen“

VATM-TeleTreff im BASECAMP Berlin: „Reizthema Vorratsdatenspeicherung – zwischen Verfassungswidrigkeit, Planungsunsicherheit & Sicherheitsbedürfnissen“

Beim jüngsten VATM-TeleTreff im Berliner BASECAMP diskutierten Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft über eines der strittigsten Themen der Innen- und Digitalpolitik: die Vorratsdatenspeicherung. Unter der Moderation von Gerrit Wernke (Leiter Hauptstadtbüro VATM) standen vor allem die Fragen im Mittelpunkt, wie sich Sicherheit und Datenschutz in Einklang bringen lassen und welche Rahmenbedingungen Wirtschaft und Politik für eine rechtssichere Lösung benötigen. Auf dem Podium debattierten Marcel Emmerich MdB (Bündnis 90/Die Grünen), Andre Meister (netzpolitik.org) und Marina Grigorian (O2 Telefónica). Frederik Bouffier MdB (CDU/CSU) war krankheitsbedingt verhindert, seine Position wurde jedoch in die Diskussion eingebracht.

Die Unionsfraktion plädiert weiterhin für eine dreimonatige Speicherung von IP- und Portdaten als Beitrag zur inneren Sicherheit. Eine solche Speicherung müsse allerdings verfassungskonform ausgestaltet werden und sich an den Vorgaben des EuGH orientieren.

Journalist Andre Meister kritisierte, dass sich die seit Jahren wiederkehrenden politischen Anläufe im Kreis drehen würden, ohne Lerneffekte zu zeigen. Immer wieder seien Gesetze für eine anlasslose Speicherung verabschiedet worden, die anschließend von Gerichten einkassiert worden seien. Ein erneuter Anlauf dürfe nur erfolgen, wenn die Notwendigkeit wissenschaftlich belegt sei. Er warnte zugleich vor einem nationalen Alleingang, während die EU-Kommission bereits einen neuen Rechtsrahmen vorbereite. Die Bundesregierung müsse, so Meister, „die Pausetaste drücken und erst handeln, wenn ein europäisches Gesamtpaket vorliegt.“

Auch Marcel Emmerich MdB betonte, dass das Innenministerium immer wieder vor die Wand laufe. Das von den Grünen bevorzugte Quick-Freeze-Verfahren wäre seiner Einschätzung nach ein verhältnismäßiger und rechtssicherer Ansatz, der sowohl den Behörden als auch den Unternehmen mehr Sicherheit geben könnte.
Er verwies zudem auf eine Analyse der Überwachungsgesamtrechnung, mit der die Ampel-Regierung das Max-Planck-Institut beauftragt hatte, deren Veröffentlichung durch die neue Bundesregierung jedoch bislang ausstehe.

Aus Sicht der Telekommunikationswirtschaft schilderte Marina Grigorian (O2 Telefónica) die praktischen Herausforderungen, die sich aus der wechselhaften Gesetzgebung ergeben. „Wir haben entsprechende Systeme mehrfach kostenintensiv umgesetzt – nur um sie wenig später wieder zurückbauen zu müssen“, erklärte sie.
Künftig müsse ein Gesetz klar definierte Datenarten, Speicherfristen und Zugangsregeln enthalten, begleitet von einer angemessenen Entschädigung der Unternehmen und einer Evaluation der Wirksamkeit. Grigorian betonte außerdem, dass klassische Telekommunikationsanbieter und OTT-Dienste gleichbehandelt werden müssten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Der TeleTreff zeigte, wie tief das Spannungsfeld zwischen Sicherheitsinteressen, Grundrechtsschutz und technischer Machbarkeit verläuft. Einigkeit bestand darin, dass es einer europarechtskompatiblen, verfassungskonformen und praktikablen Lösung bedarf, um die seit Jahren andauernde Rechtsunsicherheit zu beenden.
Klar wurde auch: Ohne eine unabhängige Grundlage hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit und eine bessere Abstimmung mit den laufenden EU-Initiativen droht Deutschland erneut in den bekannten Kreislauf aus Gesetzgebung und gerichtlicher Aufhebung zu geraten, der letztlich allen schadet. Die Bundesregierung hat es in der Hand, diesen Fehler diesmal zu vermeiden.

Herzlichen Dank an Telefónica für die Gastfreundschaft bei diesem VATM-TeleTreff im BASECAMP.

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