Kurzinterview mit Martin Kaiser, Cordon Electronics Deutschland

Kurzinterview mit Martin Kaiser, Cordon Electronics Deutschland

Vielen Menschen in Deutschland beschaffen sich alle zwei Jahre ein fabrikneues Smartphone, ob durch einen gesponsorten Dienstvertrag oder zum vollen Preis im Einzelhandel. Beobachten Sie eine demgegenüber wachsende Bereitschaft, auf generalüberholte Geräte umzusteigen? Wie kann man diese Bereitschaft weiter fördern?

Wir sehen seit fast 5 Jahren in Europa und in den nordamerikanischen Märkten einen schnell wachsenden Andrang auf wiederaufbereitete Geräte. Premium Marken (Sonos, Apple, …) und marktführende Vertriebsketten (Best Buy, Amazon, …) waren die ersten Akteure, die diesen Trend nutzten. Heute sehe ich diese Produktsparte fast systematisch bei allen führenden Händlern und Elektronik Herstellern.

Von Seiten der Verbraucher wird dieses Angebot sehr schnell akzeptiert. Die schwächelnde Konjunktur, niedrigere verfügbare Einkommen und ein steigendes Umweltbewusstsein führen Verbraucher massiv zu diesen Alternativen.

Die Bereitschaft wird nicht nur durch niedrigere Preise und attraktive gebrauchte Produkte gefördert. Die Qualität der Wiederaufbereitung muss stimmen, um nachhaltiges Vertrauen zu schaffen. Es geht auch um die Möglichkeit für die Endkunden Ihr altes Gerät „in Zahlung zu geben“ (sogenannte „trade-in“ oder „buy-back“ Prozesse). Es gibt hier eine Vielfalt an verschiedenen Modellen, die über moderne Softwareplattformen abgewickelt werden und die am Ende ein Kreislaufmodell ermöglichen.

 

Sie sprechen von einer „Reverse Logistik“, da traditionelle Lieferkettenstrukturen durch komplexe Rückgabe-, Fehlerdiagnose-, Reparatur-, Wiederverwendungs- und Recyclingprozesse ersetzt würden. Wie muss ich mir das aus Verbrauchersicht vorstellen?

Erfolgreiche Kreislaufmodelle ermöglichen nach unserer Erfahrung Vorteile für den Telekom Dienstleister, den Verbraucher und die Umwelt. Ersterer profitiert von reduzierten Gesamtbetriebskosten (TCO), Verbraucher profitieren von kontinuierlichen Innovationen und die Umwelt wird erheblich entlastet (i.e. Rohstoffe, CO² und Wasser).

Um dieses „Triple“, z.B. im Bereich CPE*, zu realisieren sollten die Endkunden Ihre Geräte prinzipiell durch Ihren Telekom-Dienstleistungsanbieter beziehen und sie auch dort wieder zurückgeben (oder verkaufen). Dies kann durch ein Mietmodell oder auch mit Verkaufsmodellen realisiert werden. Durch die logistische Zentralisierung und die Massifizierung können diese Geräte für einen Bruchteil Ihres Neuwertes (10-15%), in der Regel bis zu 4-mal (Durchschnitt in Frankreich: 3,5) „refurbished“ und in den Kreislauf zurückgeführt werden. Die Produkte werden also billiger in der Haltung für die Dienstleister und den Endkunden und erträglicher für unsere Umwelt.

 

Was bedeutet es für Sie, Mitglied im VATM zu sein?

Ich sehe in verschiedenen internationalen Märkten, in denen Cordon Group tätig ist (z.B.: Frankreich, Portugal, Kanada, …), sehr erfolgreiche Kreislaufmodelle, nicht nur für Smartphones, sondern auch für CPE* und Netzwerkkomponenten.

Parallel hierzu empfinde ich in Deutschland ein großes Potential, sich von diesen ausländischen Erfahrungen inspirieren zu lassen und gegebenenfalls Änderungen verschiedener Wirtschaftsmodelle, bis hin zur Entwicklung vollständiger Kreislaufmodelle vorzunehmen.

Als Mitglied bei VATM erhoffe ich mir einen interessanten Austausch mit den entscheidungstreffenden Akteuren der Telekom Wirtschaft und der Politik, die notwendige Rahmenbedingen schaffen können.

 

Customer Premises Equipement (CPE) bezeichnet ein Teilnehmer-Endgerät in einem Computernetz, einem Telefonnetz oder bei Telefonanlagen (z.B. Modems, Router, Set-Top-Box, etc.)