Erfolg des Glasfaserausbaus in Deutschland in Gefahr – Alternative Verlegetechniken sollen ausgebremst werden

Erfolg des Glasfaserausbaus in Deutschland in Gefahr – Alternative Verlegetechniken sollen ausgebremst werden

Berlin, 21. September 2022. Was in anderen europäischen Ländern nicht einmal mehr „alternative Verlegetechniken“ genannt wird, soll nun weitgehend auf Wunsch konventionell arbeitender Bauträger und Teilen einer innovationsfeindlichen Tiefbaulobby verhindert werden. 60 Zentimeter tiefe „Gräben“ mit Tonnen Aushub und energieintensiver Wiederverdichtung sollen die gute alte deutsche Norm bleiben und dies, obwohl Glasfaser weder einfrieren kann noch eine Dimensionierung der Gräben wie für dicke Abwasserrohre sinnvoll ist.

 In anderen Industrienationen, die Deutschland weit bei Infrastrukturausbau und Digitalisierung voraus sind, war der Einsatz innovativer Verlegemethoden neben der Entbürokratisierung einer der zentralen Schlüssel zum Erfolg – in Spanien, Frankreich und insbesondere den skandinavischen Ländern sind die Alternativen seit langem die Regel und ein enormer Beschleunigungseffekt für den Ausbau. Für den Glasfaserausbau ist daher auch in Deutschland der Einsatz von Kabelpflugverfahren, grabenlosen Verlegemethoden wie Erdrakete und Spülbohrungen, diversen Säge-, Schleif- und Fräsverfahren (Trenching) unerlässlich. Dr. Frederic Ufer, 2. Geschäftsführer des VATM, verdeutlicht: „Würde man Deutschland allein mit konventionellem Tiefbau erschließen wollen, würde die von der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 versprochene flächendeckende Glasfaserversorgung um etliche Jahre verfehlt.“

Denn die Verlegung in althergebrachter Tiefbauweise dauert bis zu fünf Mal länger als mit den neuen modernen Methoden. Mit diesen werden Feinstaub und Lärm vermieden, sind Beeinträchtigungen für Verkehr, Anwohner und Umwelt sowie die CO2-Emissionen in der Bauphase geringer. Der Energieverbrauch wird deutlich gesenkt. Daher sind alternative Verlegetechnicken auch einer der Schwerpunkte der erst im Juli veröffentlichten Gigabitstrategie der Bundesregierung.

Bei den für die Bauämter vor Ort so wichtigen und lange erwarteten Publikationen vom DIN und der FGSV[1] (Merkblatt) ist aus Sicht des VATM zu befürchten, dass sich eben nicht der Wille von Gesetzgeber und Bundesregierung niederschlägt, sondern sich Bedenkenträger aus den etablierten Reihen der Bauindustrie durchsetzen, die sich vehement gegen effiziente und deutlich nachhaltigere Innovationen beim Ausbau wenden. Die Ausbauziele der Bundesregierung dürfen nicht durch die Ablehnung moderner Verfahren und durch eine Veröffentlichung des FGSV-Merkblatts noch vor der Finalisierung der DIN konterkariert werden.

Damit sich die Bürgermeister und Bauleiter rundum sicher fühlen, spricht sich der VATM für einen Fonds aus, der im Falle eines Schadens beim Glasfaserausbau greift. „Die Erfahrungen insbesondere aus dem Ausland zeigen aber, dass nicht mehr Bauschäden zu erwarten sind als bei konventioneller Verlegung“, erläutert Dr. Ufer.

„Dabei gilt gerade hier wie in vielen anderen Bereichen: Nur wenn wir es schaffen, die enormen Vorteile neuer Technologien konsequent und sicher zu nutzen, können wir Deutschland wieder auf Kurs bringen und für den Erhalt unseres Wohlstandes sorgen. Wenn wir es nicht einmal schaffen, den Tiefbau in Deutschland zu reformieren und auf europäisches Niveau zu heben, dann wird es keinen verwundern, dass wir bei den vielen sehr viel komplexeren Herausforderungen wie der Digitalisierung und beim so essenziellen Bürokratieabbau scheitern werden“, mahnt Dr. Ufer.

Daher werden Politik und Branche mit größter Aufmerksamkeit auf die im Herbst erwarteten Veröffentlichungen von DIN und FGSV schauen.

[1] FGSV = Forschungsgesellschaft Straßen- und Verkehrswesen e.V.