VATM-Pressemitteilung zur Digitalstrategie der Bundesregierung: „Wir brauchen einen Ein-Jahres-Plan für die dringendsten Digitalisierungsschritte“

VATM-Pressemitteilung zur Digitalstrategie der Bundesregierung: „Wir brauchen einen Ein-Jahres-Plan für die dringendsten Digitalisierungsschritte“

Berlin, 31. August 2022. Nach der Gigabitstrategie im Juli hat die Bundesregierung heute ihre Digitalstrategie verabschiedet. Auch hier gilt: ein guter und wichtiger Schritt. „Die Strategie enthält viele richtige Ziele. Aber leider bleibt in weiten Teilen unklar, was konkret wann geschehen soll. Hier müssen dringend noch Nachbesserungen und Konkretisierungen vorgenommen werden. Es muss sichergestellt werden, dass es einen klaren Zeitplan mit Zwischenzielen vor dem Jahr 2025 gibt, in dem feststeht, was innerhalb von Jahresfristen erreicht sein soll. Daran müssen sich Digitalminister Wissing, aber auch die anderen Ressorts und letztlich vor allem auch der Bundeskanzler messen lassen“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.

Dort, wo die Digitalstrategie konkrete Ziele bis 2025 beschreibt, bleiben der Weg und die einzelnen Etappen dorthin aber weiterhin nebulös. „Genau dies ist und bleibt das Problem in unserem Land“, so Grützner. Viele Ziele seien nicht besonders ambitioniert und schon gar nicht neu – wie im Bereich Verwaltungsdigitalisierung. Hier findet sich beispielsweise die Zielsetzung, bis 2025 im europäischen Digitalisierungsranking bei der Verwaltung unter den Top 10 zu sein. „Das ist ein Ziel, das für eine führende Industrienation eine Selbstverständlichkeit sein sollte“, mahnt der Geschäftsführer. Mit welchen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden soll, ist der Digitalstrategie nicht zu entnehmen – es fehlt eine Umsetzungsstrategie.“

Dass die Ressorts bei der Digitalstrategie eng verzahnt und gut koordiniert agieren müssen, hat auch der Bundesrechnungshof in seinem jüngsten Bericht an die Bundesregierung vor wenigen Wochen angemahnt. Dies wird nach Einschätzung des VATM durch die nun vorgelegte Strategie nicht erreicht. Auch, wenn auf mehr als fünf Seiten die neuen digitalpolitischen Zuständigkeiten aufgeführt und erläutert werden, bleibt nicht nur häufig unklar, wie die Ziele umgesetzt werden sollen, sondern auch wer dafür zuständig ist.

Wie der Bundesrechnungshof hat auch der VATM zuvor mangelnde übergeordnete Abstimmungsprozesse zwischen den Ressorts kritisiert. „Wir fordern schon lange ein eigenes Digitalministerium, weil es extrem schwierig ist, effiziente ressortübergreifende Strukturen zu schaffen“, so Grützner: Ein Ministerium mit vorhandenen Aufgaben zum Digitalministerium zu erklären, bedeute nicht, auf diese Weise ein effizientes Digitalministerium zu schaffen. „Besonders nachdenklich macht die mangelhafte eigene Budgetzuständigkeit, die die Durchsetzung der Ziele zusätzlich massiv erschwert. Mit einem Minister ohne Macht und weiterhin weit verteilten und wenig koordinierten Zuständigkeiten wird es Deutschland schwerfallen, mit den anderen Industrienationen Schritt zu halten“, fürchtet der VATM-Geschäftsführer.

Statt Digitalisierung, Beschleunigung und Erleichterungen erleben die Wirtschaft und die TK-Branche sogar einen deutlichen Bürokratiezuwachs, zunehmende Belastungen für die investierenden Unternehmen und Beschränkung des Wettbewerbs. Grützner fordert: „Die Politik muss den Mut haben, Deutschland wirklich zu digitalisieren. Es geht gerade nicht darum, einfach analoge Prozesse digital zu gestalten, aber dabei in jedem Ort auf eigene Antragsformulare, auf eigene Genehmigungsverfahren und Zuständigkeiten zu stoßen. Digitalisierung bedeutet echte Entbürokratisierung mit einheitlichen, beschleunigten Verfahren für Bürger:innen und Unternehmen.“

Auf den Prüfstand gehören fast 30 Genehmigungsverfahren, die den Glasfaserausbau und 5G-Netzausbau erschweren. Trotz der föderalen Strukturen in Deutschland müssen effiziente und einheitliche Genehmigungsverfahren geschaffen und Genehmigungsfristen drastisch verkürzt werden – wenn nötig im Rahmen neuer digitaler Strukturen. „Innovation und unternehmerisches Handeln müssen belohnt werden. Dafür brauchen wir keine Fünf-Jahres-Pläne für die Wirtschaft, sondern einen Ein-Jahres-Plan für die dringendsten Digitalisierungsschritte. Wir brauchen einen verlässlichen, aber schlanken Staat, der wieder auf ein wettbewerbliches Wirtschaftssystem als Basis unseres Wohlstands vertraut. Ohne Mut zu Neuem werden wir das in der Vergangenheit hart Erarbeitete verlieren und berauben unser Land der wirtschaftlichen Grundlage für die vor uns liegenden riesigen Aufgaben“, appelliert VATM-Geschäftsführer Grützner.