Das Gigabit-Infrastrukturgesetz bietet Europa nur dann eine Riesenchance, wenn an wenigen Stellen nachgebessert wird: Diskussionsrunde in der hessischen Landesvertretung in Brüssel zeigt Lösungen auf

Das Gigabit-Infrastrukturgesetz bietet Europa nur dann eine Riesenchance, wenn an wenigen Stellen nachgebessert wird: Diskussionsrunde in der hessischen Landesvertretung in Brüssel zeigt Lösungen auf

„Beflügelt das Gigabit-Infrastrukturgesetz den weiteren Glasfaserausbau in Europa?“ Die hessische Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus und der Rheinland-Pfälzische Minister Alexander Schweitzer diskutierten gemeinsam mit der stellvertretenden Generaldirektorin der EU-Kommission, Renate Nikolay und hochrangigen Vertretern des VATM, über den Gigabit Infrastructure Act (GIA) in der hessischen Landesvertretung in Brüssel.

Brüssel, 02. Juni 2023. Prof. Dr. Kristina Sinemus, Digitalministerin des Landes Hessen und Gastgeberin des Austauschs zwischen Politik und Wirtschaft zum neuen Rechtsrahmen in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel, begrüßt den Gesetzes-Entwurf der EU-Kommission, machte aber auch deutlich, dass nachgebessert werden muss. „Grundsätzlich begrüßen und unterstützen wir den darin erkennbaren Willen der EU-Kommission, Maßnahmen in erheblichem Umfang zur Beschleunigung des Ausbaus von Netzen mit sehr hoher Kapazität unionsweit durchzusetzen“, so die Ministerin. Eine kontinuierliche Information und Einbindung von Bund und Ländern in die nächsten Schritte sei aber zwingend erforderlich. Besonders müsse hier bei den Umsetzungsfristen nachgebessert, für mehr Klarheit gesorgt und das Thema Resilienz berücksichtigt werden.

Auch VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner unterstützte an dieser Stelle in seiner Keynote die Sicht der Länder, auf ausreichende Umsetzungsfristen zu achten, wenn eine schnell wirksam werdende Verordnung politisch durchsetzbar werden sollte. Zudem müsse sich die EU-Kommission bewusst werden, dass der Infrastrukturausbau in Deutschland deutlich kostspieliger sei als in anderen Ländern. Hohe Wertschöpfung sei daher auf Seiten der Investoren notwendig. Genau dies biete die völlig einseitige Fokussierung auf passiven Infrastrukturwettbewerb und den Aufbau gleich mehrerer Netze rechne sich in Deutschland schlichtweg nicht und erschwere stattdessen die Business-Cases genau der Unternehmen, die den Ausbau vorantreiben sollen.

Renate Nikolay, stellvertretende Generaldirektorin der EU-Kommission räumte hier weiteren Gesprächsbedarf mit der Bundesrepublik ein. Hier müsse über Formulierungen nachgedacht werden, die den nationalen Investitionsbedingungen gerechter werden und zeigte sich optimistisch, einen zufriedenstellenden Kompromiss zu finden. Schließlich sei noch nie ein Gesetz so wieder aus den Gesetzesberatungen herausgekommen, wie es reingekommen sei.

Investitionsfreundliche Regelungen, die den schnellen Infrastrukturausbau weiterbringen, das wünschte sich auch David Zimmer, VATM-Präsident und Mitglied des Aufsichtsrates der Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser. „Berlin muss zusammen mit dem Europäischen Parlament darauf hinwirken, dass der vorliegende Vorschlag deutlich im Sinne eines effizienten Ausbauwettbewerbs nachgebessert wird,“ so Zimmer. „Wir müssen es schaffen im Wettbewerb erst mal überhaupt eine Infrastruktur möglichst eigenwirtschaftlich aufzubauen, bevor wir über mehrere nachdenken oder diese schon jetzt zum Ziel erklären“, mahnte Zimmer. Deutschland, als einen der größten und bedeutsamsten Märkte Europas durch investitionsfeindliche Regelungen zu hemmen, sei sicher nicht in der Absicht der EU-Kommission gewesen.

Augenmaß bei der Regulierung erbat sich auch Christian Sommer, Chief Legal Officer und Vorstandsmitglied bei Vantage Towers. „Es wird von den Tower Companies in Deutschland erwartet Milliarden in den Ausbau digitaler Infrastruktur zu investieren, insbesondere auch im ländlichen Raum und entlang von Verkehrswegen. Anstatt dafür attraktive Investitionsbedingungen zu schaffen, erschwert und gefährdet der aktuell vorliegende Entwurf des GIA einen schnellen Netzausbau.“ Moderator Dr. Frederic Ufer, zweiter Geschäftsführer des VATM, bat die Kommission zur Klärung der Notwendigkeit regulatorischer Eingriffe ein Assessment durchzuführen.

Auf einen wesentlichen anderen Aspekt wies Alexander Schweitzer, Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung des Landes Rheinland-Pfalz hin und thematisierte nochmals die Chancen von Digitalisierung und Bürokra-tieabbau. Er warnte davor, dass die EU-Vorgaben dort, wo einzelne Länder schon weiter seien, die bestehenden Erfolge der Digitalisierung nicht nivellieren dürften. Er betonte die große Chance von Best Practice nicht nur bei den Ländern, sondern auch als Ziel für die Kommunen, damit kommunale Selbstverwaltung zur Problemlösung beitragen könne. Standardisierung von Verfahren aber auch von Softwarelö-sungen müssen mitgedacht werden ohne neue Abhängigkeiten zu schaffen.

Für die freundliche Unterstützung der Veranstaltung bedanken wir uns bei Vantage Towers und der Deutschen Glasfaser Unternehmensgruppe.