VATM-Workshop „Erlaubnisvorbehalt, BaFin-Aufsicht und Zahlungsdienstelizenz – Neuerungen der ZDR 2 für das Aggregatorenmodell im Mobilfunk“

Der VATM richtete am 26.10.2016 einen Workshop für die Branche aus, in dem es um die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen beim Carrier-Billing ging. Rechtsanwalt Christian Walz (Partner bei Aderhold Rechtsanwälte) informierte über die Änderungen, die aufgrund der Neufassung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) zu erwarten sind. Darüber hinaus wurden die Konsequenzen für die Branche aus einer etwaigen Erlaubnispflicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz umfangreich erläutert und mit den Teilnehmern diskutiert.

Nach der Auslegung des Finanzministeriums (BMF) zur Anwendung und Umsetzung der neuen Payment Service Directive 2 (Zahlungsdiensterichtlinie 2) sind eine Vielzahl von Telekommunikationsdiensten in nicht nachvollziehbarer Weise zukünftig als Zahlungsdienst im Sinne der Bankenaufsicht zu werten.

Damit müssten sich nahezu alle Telekommunikationsanbieter zukünftig der Bankenaufsicht unterstellen, um die heute gängigen und etablierten Telekommunikationsdienste weiterhin anbieten zu können. Dies würde zu einer inakzeptablen Belastung des nationalen TK-Marktes und teils existenzgefährdenden Situation der TK-Anbieter führen. So könnten z. B. Call-by-Call, Auskunftsdienste, Mobile-Ticketing und andere innovative und verbraucherfreundliche Dienste nicht mehr angeboten werden.

Die Ausgangssituation

Mitte Januar 2016 ist die EU-Zahlungsdiensterichtlinie 2 (ZDR 2, Richtlinie (EU) 2015/2366) in Kraft getreten. Sie regelt die Geschäftstätigkeit von Zahlungsdienstleistern und wird die EU-Zahlungsdiensterichtlinie 1 von 2007 ersetzen. Die Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten muss bis zum 13.01.2018 erfolgt sein. In Deutschland wird der Entwurf eines von Seiten des federführenden Bundesfinanzministeriums (BMF) vorzulegenden Umsetzungsgesetzes gegen Ende des Jahres 2016 erwartet.

Die EU-Zahlungsdiensterichtlinie 1 ist in Deutschland in das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) eingeflossen, das die aufsichtsrechtlichen Aspekte für die Erbringung von Zahlungsdiensten regelt. Das ZAG sieht grundsätzlich vor, dass ein Unternehmen die schriftliche Erlaubnis der BaFin benötigt (Zahlungsdienstelizenz), wenn es Zahlungsdienste gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen möchte, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. TK-Anbieter können nach der ZDR 1 von einer Ausnahmeregelung profitieren und werden nicht als erlaubnispflichtige Zahlungsdienstleister eingestuft. Alle heute betroffenen Dienste waren ganz überwiegend nicht als Zahlungsdienst definiert oder fielen unter einen Ausnahmetatbestand der ZDR 1.

Status Quo: Ergebnis eines erfolgreichen Branchen-Konsenses

Mit der Novellierung ist eine Einschränkung der bestehenden Ausnahmen verbunden, die bislang auch für die Unternehmen der TK-Branche einschlägig waren. Die seit Jahren gelebte Zahlungsabwicklung über TK-Anbieter soll erheblich beschränkt werden. Allerdings sind die etablierten Abrechnungssysteme seit vielen Jahren in Deutschland bewährt und teilweise sogar im TKG normativ verankert (z. B. § 21 Abs. 2 Nr. 7, § 45h TKG). Die sog. „Branchen-Lösung“ beruht auf einem Konsens und der Zusammenarbeit aller Marktbeteiligten, dem BMWi, der BNetzA sowie den Verbraucherschützern und hat zu einer maximal transparenten Abrechnung im Mobilfunk und Festnetz für Verbraucher und Unternehmen geführt. Das in Deutschland implementierte System ist technologisch äußerst komplex – bietet aber für alle Beteiligten (Diensteanbieter und Verbraucher) ein Optimum an Transparenz und Kundenfreundlichkeit. Insbesondere ist auch das Schutzniveau in Deutschland für die Rechnungstellung dieser TK-Leistungen durch die Aufsicht der BNetzA und die gesetzlichen Regelungen bereits jetzt sehr hoch.

Nationale Umsetzung würde zu erheblichen Schäden des TK-Marktes führen
Dieses komplexe System und der über Jahre hinweg gefundene Branchenkonsens werden nun in Gänze in Frage gestellt, da die betroffenen TK-Dienstleistungen durch die neue ZDR 2 undifferenziert und pauschal der Bankenaufsicht unterstellt werden sollen. Die ZDR 2 dient wie die ZDR 1 der Erfassung von Zahlungssystemen zur Abrechnung von Waren und Dienstleistungen. Sie sollen die Sicherheit des Zahlungsverkehrs gewährleisten, dienen der Terrorbekämpfung und der Vermeidung von Geldwäsche. Dass Telefongespräche wie z. B. Call-by-Call und Auskunftsdienste ein solches zu kontrollierendes Zahlungssystem darstellen, ist völlig abwegig. Auch der Erwerb und die Bezahlung eines ÖPNV-Tickets befinden sich offensichtlich außerhalb des Kontrollerfordernisses der Richtlinien.

Verhältnismäßige Lösungen erforderlich und möglich

Die Branche ist daher dringend auf eine richtlinienkonforme, aber zielorientierte sowie verhältnismäßige Lösung angewiesen. Es ist nicht nachvollziehbar warum Dienste die unter der ZDR 1 nicht unter einen Zahlungsdienst zu subsumieren waren nunmehr – für die Branche völlig unerwartet – der ZDR 2 und somit dem Regime eines Zahlungsdienstes unterfallen sollen. Dienste, die im Wege des Whole-Sale-Einkaufs, im Online-Billing oder im Wege des Forderungs-Factorings eingekauft werden, sind nach Auffassung des VATM bereits nicht vom Anwendungsbereich der ZDR 2 umfasst. Für die wenigen verbleibenden Dienste gäbe es sinnvolle und dem (nicht vorhandenen) Gefährdungspotenzial angemessene Lösungswege. Diese könnte entweder im nationalen Umsetzungsprozess oder im Wege der gesetzlichen Klarstellung festgeschrieben werden. Auch sollte geprüft werden, ob Dienste, die im Wege des Forderungsfactoring (2 Personen-Verhältnis) eingekauft werden, tatsächlich unter den Geltungsbereich der ZDR 2 fallen.

Wenn Sie weitergehende Informationen zur Thematik erhalten bzw. Sie den VATM bei seinem Engagement für eine branchenkonforme Lösung unterstützen wollen, melden Sie sich bei RA Dr. Frederic Ufer, Leiter Recht und Regulierung des VATM (fu(at)vatm.de).

Die Materialien des Workshops finden Sie im internen Bereich der VATM-Internetseite.

Bei Umsetzung der ZDR 2 nach Maßgabe des BMF drohen dem nationalen TK-Markt empfindliche – in Teilen sogar existenzbedrohende – Schäden. Viele TK-Dienste fallen nach Ansicht der TK-Branche bereits nicht in den Anwendungsbereich der ZDR 2 (wie auch nicht unter der ZDR 1). Diese Ansicht teilt das BMF nun indessen nicht mehr. Somit ist die Inanspruchnahme und Abrechnung der betroffenen TK-Dienstleistungen generell nur noch innerhalb der engen Grenzen der ZDR 2 (bis zu einer Betragsgrenze von 50 Euro/Abrechnung und von 300 Euro/Monat und Teilnehmer) zulässig. Dies ist aufgrund der TK-Systematik nicht kontrollierbar und technisch nicht umsetzbar; zudem führt dies zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen (Dienste der Wettbewerber könnten nur noch eingeschränkt angeboten werden, z. B. 11880 der telegate).

Eine wortgetreue Umsetzung der Wertgrenzen wie z. B. die Anforderungen zur Etablierung von Entgeltlimits für Teilnehmer wurden aus diesem Grund bereits im Jahr 2000 aus der Telekommunikations-Kundenschutz-verordnung (§ 18 TKV 1997) gestrichen.